Grundsätzlich beschreibt Headless ein System, welches keine graphische Benutzeroberfläche hat. Oftmals wird jedoch eine strikt getrennte Benutzeroberfläche für die Verwaltung des Systems mitgeliefert. Wahrscheinlich haben Sie schon solche Systeme im Einsatz: Ein PIM (Produktinformationssystem) oder ein ERP (Unternehmensprozessverwaltung) sind meistens schon Headless: Es gibt einen Server der technische Schnittstellen bereitstellt. Allfällige graphische Benutzeroberflächen verbinden sich dann mit diesen Schnittstellen, aber auch andere interne und externe Systeme: Das PIM kommuniziert mit dem ERP, ein externer Lieferant hat auch Zugriff zu gewissen Funktionen im ERP und so weiter. Der «Kopf» ist in diesem Fall also die graphische Benutzeroberfläche und nicht die Intelligenz eines Systems.
Aber warum nun der ganze Rummel?
Klassische Webseiten, Webapplikationen und Webshops haben eine andere Systemarchitektur. Sie bestehen aus einer zentralen, monolithischen Software, die sowohl die Daten verwaltet, die Geschäftslogik beinhaltet, eine Administrationsoberfläche hat und auch gleich die Webkundenoberfläche bereitstellt. Aktuelle Marktführer wie Drupal, Wordpress/WooCommerce, Shopware oder Magento haben eine solche Systemarchitektur. Dies hat den Vorteil, dass alles an einem Ort ist, eine Wysiwyg-Inhaltsverwaltung möglich ist und viele Funktionen direkt in der Basisinstallation schon vorhanden sind. Ausserdem haben gerade die erwähnten Systeme die Möglichkeit für Erweiterungen (Plugins), die dann gleich gewisse Funktionen sowohl in der Administrationsoberfläche, der Kundenoberfläche und in der Geschäftslogik aus einem Guss anbieten. Damit hat man sehr schnell einen Webshop/Webseite mit den gängigen Funktionen gebaut.
Die Nachteile zeigen sich aber in komplexeren Systemen. Eine häufige Anforderung an moderne Onlineshops ist zum Beispiel die Möglichkeit für Multichannel oder Omnichannel. Also das bedienen von mehreren Verkaufskanälen ausserhalb des Webshops: Eine eigene App damit die Kunden auch unterwegs einfach einkaufen können, eine Verknüpfung zu Instagram, so dass die Produkte mit Link direkt in den Bildern der Influencern platziert werden können oder Anbindungen an Konsolidierer wie Amazon oder Ebay und viele mehr.
Ein weiterer zentraler Nachteil der Monolithen ist die eingeschränkte Möglichkeit zur Anpassung der grafischen Benutzeroberfläche für die Kunden. Diese Monolithen und Plugins kommen meistens mit Standarddesigns und Gestaltungsvorlagen, die nur schwer an Ihre individuellen visuellen Markenerlebnisse anpassbar sind.
Der aktuelle Headless-Trend, den ich versuche hier zu erklären, unterteilt einfach gesagt diese Monolithen in eigenständige Subsysteme: Die Inhaltsverwaltung wird in ein eigenes Headless CMS separiert, die Geschäftslogik in ein Headless Shopsystem und die graphische Kundenoberfläche bekommt einen eigenen schlanken Webserver, bei welchem den visuellen Gestaltungsmöglichkeiten keine Grenzen gesetzt sind.
Wie in der Grafik oben ersichtlich, können diese eigenständigen Systeme dann auch einfacher mit anderen Systemen kommunizieren. Inhalte, wie Produktbeschriebe oder Blogartikel können so auch kanalagnostisch erstellt werden und somit aus der gleichen Datenbasis problemlos verschiedene Kanäle bedienen.
Ein weiterer Vorteil ist, dass die einzelnen Systeme bei Bedarf auch einfacher ausgewechselt werden können. Sie sind nicht mehr zufrieden mit ihrem CMS oder Shop System? Die können Sie relativ einfach auswechseln und den grössten Teil der Kundenoberfläche einfach übernehmen.
Sollen Sie nun für ihr nächstes Webprojekt auf Headless Technologie setzen oder doch lieber einen klassischen Monolithen?
Die Antwort lautet, wie so oft: Es kommt darauf an:
Wenn das Budget knapp ist, die Anforderung an die visuelle Gestaltung nicht so hoch sind und kein grosses Wachstum absehbar ist, dann ist ein Headless System wahrscheinlich zu komplex. In diesem Fall empfiehlt es sich eine Standardlösung zu verwenden wie Ghost, Wordpress, Magento oder Shopware. Ebenfalls empfehlen sich in dieser Situation die Lösungen, die direkt auf fremden Servern betrieben werden wie Shopify, Squarespace oder Webflow Commerce.
Wenn Sie aber ein grösseres Unternehmen sind, komplexere Anforderungen haben, mehrere Kanäle bedienen möchten, ihre visuelle Markenkommunikation kompromisslos auch auf der Webseite durchsetzen wollen und ein flexibles und zukunftsweisendes System wollen, dann sollten Sie Headless-Technologien einsetzen.
Die meisten grossen Monolithen wie Magento oder Shopware bieten mittlerweile ihre Software auch als Headless-Variante an. Unsere Unchained Engine wurde von Grund auf mit dem Ziel gebaut, headless, modular und flexibel zu sein und ist daher eine schlanke Alternative, Open Source und mit dem Swiss-Made-Software Gütesiegel versehen.